Interessanter Artikel zum Thema Wildunfälle in einer Online-Zeitung und Anregung die eigenen Reaktionsfähigkeiten zu schulen !
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Tiere auf der Fahrbahn: Bundesgerichtshof verlangt Entscheidung in Sekundenbruchteilen
VON WOLFGANG BÃœSER
Bielefeld. Ein Albtraum aller Kraftfahrer, vor allem in der Nacht: Plötzlich läuft ein Tier auf die Fahrbahn.
Was tun: bremsen, ausweichen, draufhalten? Der Bundesgerichtshof hat in einem Grundsatzurteil
einem Autofahrer, der dies nicht in Sekundenbruchteilen entschieden hat,
die Leviten gelesen und ihm den verlangten Schadenersatz aus seiner Kaskoversicherung gestrichen.
Laufe nachts ein Tier über die Straße, so die Karlsruher Richter, habe der Autofahrer "abzuwägen",
ob der mögliche Schaden an seinem Wagen durch einen Zusammenprall größer sein könnte als der,
wenn er ausweiche und dabei von der Straße abkomme. Dabei habe er die Größe des Tieres zu berücksichtigen.
Hier war es ein Fuchs, den der Fahrer nicht hätte schonen dürfen.
Er tat es, fuhr in den Graben und hat seinen Teilkaskoversicherungsschutz verspielt.
Bei einem Hirsch oder einem Reh wäre die Sachlage anders gewesen.
Das Argument des Autofahrers, er habe in einer Schrecksekunde gar nicht so schnell feststellen können,
ob es sich um ein großes oder kleineres Tier gehandelt habe, wischten die Bundesrichter mit dem Bemerken vom Tisch,
dass dies möglich gewesen wäre. (AZ: IV ZR 276/02)
Damit hat das oberste Zivilgericht Entscheidungen mehrerer Oberlandesgerichte zu Makulatur werden lassen,
die beim Thema "Fuchs" zu gegenteiligen Ergebnissen gekommen waren.
Sie hatten Füchse den "großen" Tieren zugeordnet. Diese Aussage ist nicht mehr zu halten - mit der Folge,
dass bei einem Fuchs im Scheinwerferkegel die Losung nur lauten kann: draufhalten...
Wer’s - aus welchen Gründen auch immer - nicht tut oder nicht in der Lage ist,
ein solches Tier zu töten, zumindest schwer zu verletzen, der macht dies auf eigenes Risiko.
Für Motorradfahrer gilt zumindest derzeit noch anderes Recht - wie einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm
zu entnehmen ist: Ein Biker wich in einer Kurve einem von links kommenden Fuchs aus und geriet dabei in die Leitplanke.
Die Kaskoversicherung hätte sich gewünscht, dass er "draufgehalten" hätte.
Er habe "unverhältnismäßig und damit grob fahrlässig" gehandelt. Die Richter sprachen dem verunglückten Motorradfahrer
den Schadenersatz zu: Im Gegensatz zu einem Pkw werde ein Motorrad instabil,
wenn es ein Kleintier überrolle. (AZ: 6 U 209/00)
In einem anderen Fall mit Motorrad-Beteiligung traf das Oberlandesgericht Koblenz eine interessante Entscheidung,
in der ebenfalls kein "Wild berührt" wurde. Der Biker wollte durch eine Vollbremsung (hier aus einer Geschwindigkeit
von 80 bis 90 Kilometern pro Stunde) den Zusammenprall mit einem auf die Straße gelaufenen Reh vermeiden.
Er stürzte und verlangte Leistungen von seiner Kaskoversicherung, die aber ablehnte.
Die Koblenzer Richter sprachen ihm aber Schadenersatz zu. Der junge Mann habe glaubhaft gemacht,
beim Bremsvorgang nicht nur an sein eigenes Leben gedacht zu haben, sondern auch sein Fahrzeug
möglichst nicht beschädigen zu wollen. Dabei handele es sich um eine "Rettungshandlung",
die nach dem Versicherungsvertragsgesetz Leistungsansprüche auslöse.
Aus der Urteilsbegründung: "Das Interesse, die Beschädigung seines Fahrzeugs zu verhindern, ist
kein nur ganz geringfügiges Rettungsinteresse, welches bei einer lebensnahen Betrachtung
ganz zurücktreten würde". (AZ: 10 U 1415/05)